Torres Novas, im Juni 2011. Die Euro-Rettung hat für die Portugiesen fatale Folgen, denn die Krise trifft besonders die Armen. Das war am Pfingstwochenende in Portugal zu hören. Mit einer zehnköpfigen Delegation nahmen Verantwortliche der KAB an einem europäischen Seminar der Partnerbewegung LOC/MTC in Torres Novas, unweit von Lissabon, teil, um über eine Verbesserung der Bedingungen für Familien in Europa nachzudenken. Dabei ist die Verschuldungskrise in Europa, und speziell in Portugal, ein Thema über das vordergründig nicht gerne gesprochen wurde. 78 Millarden Euro Kredite soll Portugal in den nächsten Jahren aus dem Euro-Rettungsschirm erhalten. Um den Staatsschulden Herr zu werden, wird den Portugiesen ein gewaltiges Sparpacket auferlegt.
"Die Troika hat uns voll im Würgegriff", meinte José Rodrigues, Koordinator der LOC/MTC in Portugal. Mit Troika meint Rodrigues den Internationalen Währungsfond (IWF),die Europäische Zentralbank (EZB) und die Europäische Union. Denn gespart werden soll bei den Sozialleistungen und dem Arbeitslosengeld. Die Renten werden 2012 eingefroren. Dabei sind von den knapp 10 Millionen Portugiesen offiziell zwei Millionen, die unterhalb der Armutsgrenze leben. Alleine eine Million Rentner haben weniger als 280 Euro im Monat zum Leben. Weiter soll bei Medikamenten und bei den Gesundheitskosten gespart werden. Die Mehrwertsteuer soll auf 25 Prozent angehoben werden, was besonders diejenigen trifft, die sowieso am wenigsten haben, die Rentner und die Familien.
"Derzeit ist das Vertrauen in die politischen Institutionen, sowohl in Europa als auch im eigenen Land massiv gestört", so Alexandre Dias aus Porto, der den Europäischen Gewerkschaftsbund beim Seminar vertrat. Viele Portugiesen sind vor 10 Tagen erst gar nicht zur Wahl gegangen, die meisten haben Mitte-rechts gewählt, weil sie sich stabilere Verhältnisse in Lissabon wünschen. "Jetzt regiert uns Europa, ohne dass wir über unsere eigenen Geschicke noch Einfluss haben", so drückte es Fátima Almeida von der LOC/MTC aus. Die Ergebenheit in ein Schicksal, welches das Land weiter spaltet, ist in Torres Novas zu spüren. Derweil geht das Leben weiter. Es scheint so, als ertragen die Menschen ihr Schicksal mit einer Mischung aus Ohnmacht und Sehnsucht nach einem besserem Leben.
Wilfried Wienen
KAB Deutschlands
Video des Seminars - Radio Television Portugal
Seminário Internacional da LOC/MTC sobre "Tempo para o Trabalho e para a Família"
https://www.youtube.com/watch?v=fpkzEdGM3Mg