Guimares, 31.01.2010. Dies war das Fazit des europäischen Seminars „Working Poor in Europa“ der KAB Partnerbewegung LOC/MTC in Guimares/Portugal. „Hier müssen wir besonders aufmerksam sein und uns einmischen“, sagte Manuel Carvalho da Silva, der Generalsekretär der portugiesischen Gewerkschaft CGTP-IN in seiner Rede vor dem Hintergrund der steigenden sozialen Ungleichheit in der Europäischen Union.

Neben einer 10köpfigen KAB-Delegation aus dem Diözesanverband Aachen und der KAB Bundesleitung nahmen Vertreter von Arbeitnehmerorganisationen aus Frankreich, Spanien und der Tschechischen Republik an diesem Seminar der LOC/MTC(Liga Operária Católica Movimento Trabalhadores Cristãos) teil, das vom Europäischen Zentrum für Arbeitnehmerfragen (EZA) und der Europäischen Kommission unterstützt wurde.
 

Fundament von Arbeit geht verloren

Ein wichtiges Ergebnis dieses Treffens war die Feststellung, dass sich die Arbeitsgesellschaften in Europa bereits stark verändert haben. War es in der Vergangenheit so, dass Armut vermieden wird, weil Menschen arbeiteten und dadurch die Existenz ihrer Familien eigenständig sichern konnten, so geht jetzt diese Legitimationsbasis in zunehmendem Maße verloren, weil Menschen zwar einer Arbeit nachgehen und dennoch arm sind. Die Ursachen für die Zunahme der „Working Poor“ (Armut trotz Arbeit) sind vielfältig und komplex, wesentliche Ursachen sind die anhaltend schlechte Arbeitsmarktlage, die rasante Ausbreitung der Niedriglöhne in vielen europäischen Ländern, die Zunahme von befristeten Arbeitsverträgen sowie geringfügige Beschäftigung, Teilzeitarbeit, Leiharbeit und Zeitarbeit. Dazu passend D. Jorge Ortiga, Erzbischof von Braga und Vorsitzender der portugiesischen Bischofskonferenz: „Die menschliche Arbeit ist keine Ware. Deshalb muss der Lohn den Arbeiter und die Seinigen in die Lage versetzen das materielle, soziale, kulturelle und spirituelle Dasein zu gestalten“.

Wie sehr diese Thematik den „Nerv“ der Zeit trifft zeigt auch die hohe Aufmerksamkeit in der portugiesischen Öffentlichkeit, Sowohl der portugiesische Fernsehsender RTP als auch zahlreiche Zeitungen berichteten, teils mit ausführlichen Hintergrundberichten, zum Thema. „Dem Lissabon-Prozeß haben wir (....)zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, das darf uns bei der neuen Agenda EU 2020 nicht noch einmal passieren“, so Generalsekretär Manuel Carvalho da Silva.

 
 

Forderungen an die „EU-Agenda 2020“

Die weiteren Ergebnisse des Seminars ergaben, das sich das Ausmaß von „Working Poor“ im Vergleich verschiedener Länder unterschiedlich darstellt, dennoch gleiche Trends zu beobachten sind. Hinzu kommt, das Armutsdefinitionen auf der europäischen Ebene teils von Haushaltseinkommen ausgehen, die staatliche Transferleistungen einbeziehen. Insofern spielen die wohlfahrtsstaatlichen Leistungen bei den Armutsvergleichen eine wesentliche Rolle. Für eine europäische Politik zur Bekämpfung von Armut kommt der neuen „Agenda 2020 der EU“, die derzeit vorbereitet wird, deshalb besondere Bedeutung zu. Dazu noch einmal Bischof Jorge Ortiga im Abschluss-Gottesdienst:“ Ein zu geringer Lohn widerspricht der kirchlichen Soziallehre, einen gerechten Lohn für die geleistete Arbeit zu erhalten“.